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Lia-Art, das Original von artlia

Über das Selbstverständliche

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Erkundung von Kreativität, Integration und Bedeutung

Über das Selbstverständliche oder „Unser Stein und der Schöpfer der Welt haben einen gemeinsamen Namen“ ( aus Rosarium Philosophorum ) Es ist alles einfacher, als es scheint. Wir müssen nirgendwo gehen, nichts suchen und nichts wünschen, um Zugang zu dem Selbstverständigen zu schaffen,weil es in uns ist. Wir brauchen nur einen Weg bis dorthin. Es ist einfach und offensichtlich schwierig, im So-sein das Selbst-Verständliche zu erkennen. Auf Bilder übertragen, sind das die ersten vier Tarot-karten (0, 1,2,3 ), wo das horizontale und selbstverständliche SO-Sein von dem vertikalen Bewußtsein noch nicht berührt ist. Als die Entwicklung des Geistes angefangen hatte, den natürlichen Weg durch „den Kopf“ zu machen, um die Bewußtwerdung des Selbstverständlichen, des SO-seins zu gestalten, ist der Geist, anstatt einen natürlichen Kreis zu schließen, aus dem Orbit herausgefallen und hatte angefangen, sich geradlinig zu entwickeln, sich zu verselbstständigen und zu entfernen. Wie eine Rakete rast er mit großer Geschwindigkeit in seiner gefährlichen Eskalation und hat das Ganze, das Selbst-Verständliche vergessen. Wir stehen jetzt in unserer Evolution an einem Punkt, wo wir auf die Integration warten, auf die selbstverständliche, natürliche Herstellung der Schließung der Gestalt, wir warten auf das Selbst-Verständliche und das Selbstverständliche findet nicht statt. Wir wissen fast nicht, worum es geht! Die metaphisischen Fragen, wer wir sind und was ist der Sinn des Lebens, tauchen wieder auf. Es scheint so zu sein, daß die Menschheit vergessen hat, wo sie steht und wo der Weg führt. Wir müssen dringend erinnert werden, was das Selbstverständliche ist und wo es zu finden ist. Wenn der Satz stimmt, daß es gut ist, so wie es ist, dann ist die Krankheit unserer Zeit und unserer Welt ein gutes Zeichen. Wir reagieren, um auf das gestörte Gleichgewicht aufmerksam zu machen. Die Messias unserer Zeit und des Zeitgeistes, jeder auf seine Weise, spüren, daß der selbstverständliche Kreis (Gestalt) geschlossen werden müsste, um von dem alten Jahrtausend Abschied nehmen zu können, um wieder neugeboren werden zu dürfen. Als ich vor einigen Jahren angefangen habe, mit der linken Hand und mit geschlossenen Augen zu malen und zu zeichnen, wußte ich nicht, daß das der Anfang des Schließens eines Kreises war, der nicht die Vollkommenheit, sondern die Vollständigkeit ankündigte. Ich wußte nicht, daß diese dunkle Seite das Geheimnis der Geheimnisse (secretum altissimus) hütet, den „Pfad der linken Hand“, wie es die indischen Tantristen nennen. Ich wußte nicht, als ich zu meinen zwei rechten Elementen, zu Feuer und Luft auch noch zwei linke Elemente Erde und Wasser hinzuintegrierte, daß durch diese Paarung (coniunctio Solis et Lunae) das fünfte Element, die quinta essentia erscheinen würde (lapis philosophorum). 2 Das Malen mit der linken Hand hat mir den Weg zu meinem Selbst eröffnet. Es ist der Weg zur Heiligen Hochzeit, zur Vermählung meiner selbst, es ist der Weg zur Integration. Wie das verboten war im 16. Jahrhundert, zeigt uns der Text der Alchemisten in dem „arcanum artis“ in den folgenden Worten: „Bemerke es wohl: in der Kunst unseres Magisteriums ist nichts von den Philosophen verborgen worden, mit Ausnahmedes geheimnisses der Kunst, das man nicht irgendewem verraten darf; denn wenn das geschähe, so würde er (der Verräter) verflucht, er würde den Zorn Gottes auf sich ziehen und an Apoplexie sterben. Daher besteht aller Irrtum in der Kunst darin, daß sie nicht den entsprechenden Ausgangstoff nehmen. Deshalb wollen wir von den verehrungswürdigen Natur Gebrauch machen, weil aus ihr und durch sie und in ihr unsere Kunst geboren wird und in nichts anderem. Und so ist unser Magisterium das Wer4k der Natur und nicht des Werkmeisters.“ Die kritische Berührung der linken Hand deutet auf „sinistres“, Illegitimes, Morganatisches. Emotional-Triebhaftes hin, eben auf die fatale Beimischung des Inzestes und dessen „perverser“ Faszination. Dieses Dilemma wirft ein neues Licht auf das Geheimnis der Kunst: es ist die ernst zu nehmende Gefahr der Häresie. Nehmen wir die Befürchtung göttlicher Strafe im Falle des Verrates als das, was sie zu bedeuten scheint, so muß es sich um eine Sache handeln, welche vermutlich dem heil der Seele gefährlich ist, als um ein typisches „peril of the soul“. Die Verehrung der Natur, ein antikes Erbstück, stand in mehr oder weniger geheimem Gegensatz zur kirlichen Weltanschauung und lenkte Herz und Sinn gewissermaßen auf einen Pfad der linken Hand. Daß ich so ausführlich über das Malen mit der linken hand schreibe, hat damit zu tun, daß man dadurch den Kanal oder den Weg findet. Der sich von selbst eröffnet, der von selbst da ist, wo sich die Bilder selbst malen und Gedichte selbst schreiben, wo sie über sich selbst selbstverständlich erzählen, wo alles ein Fluß der Intuition wird und wo der Zustand des integrierten Bewußtseins und Unbewußtseins als Ganzes seelbstverständlich Freude, Liebe, Gesundheit, Glück, Seelenfrieden, Ruhe und Erfolg erzeugt. Für das Erkennen des Selbst-Verständlichen oder des Göttlichen spielt das Wahrnehmen des Weges eine große Rolle. Wenn wir mit der linken Hand malen, werden wir leicht zurück zu unserem Ursprung geführt, zu den eigenen Quellen, zu eigenem So-sein, zur prima massa, um die chaotische Finsternis zu erkennen, sie einzubeziehen, damit „lumen quod superat omnia lumina“ geboren wird. Wie Demokritos sagte: die Natur freut sich der Natur, die Natur überwindet die Natur, die Natur beherrscht die Natur. Im Malen mit de linken Hand verbinde ich die gegensätzliche Natur in mir, ich vermähle mich mit meiner Seele in mir ( unio mystica), und durch das regelmäßige Malen nähere ich mich dem Göttlichen, dem Selbst-Verständlichen in mir. Malend ersteige ich die Stufen der höherer Ordnung des Natürlichen, des selbstverständlichen SO-SEINS. Rosarium Philosophorum: „in habentibus symbolum facilis est transitus“.(Für diejenigen, welche das Symbol besitzen, ist der Übergang leicht.)

Papierschöpfen im Dienst der Menschwerdung

Die Zeit des Nachkriegs hatte in Slawonien, im östlichen Teil Kroatiens, länger gedauert als in anderen Regionen. In der kleinen Stadt an der Save lebt meine Busenfreundin Marlena, Dolmetscherin für Deutsch und Besitzerin einer Kunstgalerie. Sie verkauft und stellt meine Bilder aus, verlegt Bücher und führt kunstinteressierte Frauen auf Studienreisen zu den bekanntesten Bilderausstellungen nach Europa. Einen alten unerfüllten Wunsch hegte sie seit langem in sich und ich wußte es, wie gern würde sie das Papierschöpfen lernen. Die alte Kunst kennt weit und breit niemand dort und so blieb dieser Wunsch nur ein Traum. Zu Weihnachten rief mich meine Freundin Milena in Istrien an und teilte mit, dass die Stadt München koreanische Papierkünstler zum Papierschöpfen in den großen, weißen Zelten auf der Teresienwiese eingeladen hat. In den Werkstätten werden sie Papierschöpfen lehren. Da packte ich die Koffer ein, verteilte die Blumentöpfe an die Freunde, ließ einige Kilos trockener Nahrung für die Katzen und begab mich über die verschneiten und vereisten Straßen in den Alpen nach Deutschland, wo ich früher jahrzehntelang gelebt und ausgestellt hatte. Im Sommer fuhr ich mit den neuerworbenen Kenntnissen vom Papierschöpfen, mit Holzramen, Kaolin und noch einigen Zutaten in meine Geburtsstadt, wo auf mich eine Gruppe Frauen wartete; Frauen mit Lebenswille, seelischer Erneuerungskraft und Hoffnung erfüllt. Das alles sollte ihnen das Papierschöpfen verstärken. Monatelang, ein ganzes Jahr, wurde rezikliert, geschöpft, geschaffen. In den Sommerferien, es wurde der wärmste Monat August ausgewählt, entschied Marlena, zusammen mit den Frauen, das größte Papierbild auf der Welt zu schaffen und so in das Rekordbuch von Guinness einzuziehen. Die Organisation und der logistische Rahmen von zehn Frauen schufen die Bedingungen für dieses unerhörte Unternehmen. Das Gerüst wurde auf dem Hauptplatz gefestigt und 600 hundert Kilo Palpen (Papiermasse) wurde tagelang aufgeteilt für ein Bild, das 80x60 Meter groß sein müsste, das größte auf der Welt. Aber das Sommerwetter änderte sich unbarmherzig. Die Augustregen setzten ein, das Papier wurde zugedeckt und tagelang und nächtelang sorgsam aufbewahrt und aufgepasst, mit Kleister gestärkt, gerissen und wieder verklebt, aufgeweicht und wieder getrocknet. TV teams begleiteten die Etappen der Arbeit und meldeten die Resultate in den TVSendungen. Und wie bei den mittelalterlichen Alchemikern in ihren Labors, wo anstatt Gold nur der Weisheitstein entstand, so passiert es in dieser kleinen vom Krieg traumatisierten Stadt, dass aus dem Papierschöpfen eine neue Lebensqualität entstanden ist, Lebendigkeit, Gemeinschaftsgefühl und das Interesse für das kreative Schaffen.Einige Jahre wurde das Papier im Hof der Kunstgalerie gemacht, bis ein ganzer Raum voll wurde und die erfahrenen Lehreninnen konnten ihre Kunst den Schulkindern in den Schulen anbieten. Danach folgten zahlreiche Austellungen von Papierkunstobjekten und Bildern im ganzen Land. Einmal hing das gigantische Papierbild an der Hausfassade der alten Schule im Zentrum der Stadt und jeder konnte die heroische Schöpfung sehen, das Bild von Slavonien mit goldenen Weizenfeldern, rotem Klatschmohn und dem sonnebeschienen Himmel über der Panonischen Ebene.